Es ist Anfang November in Mexiko. Das bedeutet, es ist Zeit für ein ganz besonderes Ereignis: Día de Muertos. So wie in Deutschland zu Allerheiligen werden auch hier in Mexiko in den ersten Tagen des Novembers die Toten gefeiert und es wird an sie erinnert. Allerdings geschieht das hier auf ganz andere Weise.
Die Feierlichkeiten kündigen sich schon einige Wochen vorher an – ab Oktober kann man in Supermärkten Halloweendekoration kaufen und in Bäckereien Pan de Muertos (Brot der Toten) erwerben. In den papelerías kann man Papel picado besorgen (buntes Papier mit Scherenschnitten) und an Straßenständen werden Cempasúchil verkauft. Cempasúchil ist eine Blume, die bereits vor Ankunft der Spanier weit verbreitet war bei den indigenen Völkern in Mittelamerika. Die Blume, die auf Deutsch “Aufrechte Studentenblume” heißt, blüht nur im Oktober und November, sie ist orange oder gelb und wird zur Dekorierung der Straßen und Altäre anlässlich des Día de Muertos verwendet.
Die Feierlichkeiten dauern dann im Grunde 3 Tage: am 31. Oktober werden die US-amerikanischen Halloweentraditionen übernommen, Kinder verkleiden sich und ziehen um die Häuser um Süßigkeiten zu erbeten. Das Gleiche tun sie übrigens auch am 1. und 2. November – man muss die Gelegenheit ja ausnutzen 😉 Am 1. November ist dann generell der Tag der Verstorbenen und zwar der verstorbenen Kinder und am 2. November der Erwachsenen. Anlässlich dieser beiden Tage sind in der Stadt und in vielen Häusern Altäre aufgebaut mit den Bildern der Verstorbenen, kleinen persönlichen Artikeln und ihrem Lieblingsessen. Denn man glaubt, dass die Seelen der Verstorbenen in diesen Tagen zur Erde zurückkehren und ihre Familien besuchen. Typisch für die Altäre ist das Pan de Muertos, Cempasúchil, kleine, süße Schädel aus Zucker oder Schokolade, Kerzen und Papel picado.
Das Ganze ist keinesfalls ein trauriges Fest – in Deutschland und generell Mitteleuropa ist der Tot ja allgemein ein ganz schwieriges, stilles Thema: man schweigt, darf nicht lachend über einen Friedhof laufen, hat Respekt vor den Toten und generell ist das Thema Tod ein sehr persönliches. Hier verwandelt sich am 1. November der Friedhof in ein Ort des Beisammenseins – Familien dekorieren die Gräber ihrer Angehörigen mit Cempasúchil, es wird auf dem Grabstein gepicknickt und ausgiebig Tequila getrunken während man sich Geschichten der verstorbenen Person erzählt und sich gemeinsam an sie erinnert.
Außerdem verkleiden und bemalen sich am 1. und 2. November viele Menschen entsprechend des Anlasses: als Skelette, Catrinas (ein Skelett in Form einer eleganten Dame), Hexen usw. So wurde ich dieses Jahr zum Beispiel von einem Zombie an der Supermarktkasse bedient, war beim Sport von Skeletten umgeben und wurde von einer Hexe zu meinem Tisch im Restaurant geführt. Es gibt zwar auch Umzüge wo richtig aufwendige Catrinakostüme gezeigt werden, aber das Tolle ist eigentlich, dass es etwas selbstverständliches ist, sich am Día de Muertos zu verkleiden: Man verabredet sich nicht erst zu einer “Halloweenparty”, sondern es verkleiden oder schminken sich einfach alle, die Lust dazu haben – egal ob auf der Straße, beim Sport, bei der Arbeit oder nur bei sich zuhause. Der Tag der Toten ist eben eine mexikanische Tradition und die wird in jeder Hinsicht gepflegt.